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ExpertenNetzwerk  Chemikalien-Anlagen-Arbeit  Sicherheit

Stoffe  -  Technik  -  Organisation

Prof. Ursula Stephan  -  Prof. Ulrich Hauptmanns  -  Dr. Jürgen Herrmann

Wissen / Informationen

Anlagen(-sicherheit) und Technik

 HAZOP kurz gefasst

1. HAZOP (Hazard and Operability Studie)

• Das HAZOP-Verfahren (auch PAAG: Prognose, Auffinden der Ursache, Abschätzen der Auswirkungen, Gegenmaßnahmen) ist ein Verfahren der Gefahrenanalyse und dient der Untersuchung der Sicherheit von technischen Anlagen.
• Ein Team aus erfahrenen Mitarbeitern bestimmt und beurteilt an Hand sogenannter Leitworte denkbare prozesstechnische Abweichungen und legt Maßnahmen zur Verhinderung von Störungen fest, die aus den Abweichungen möglicherweise resultieren können.
• Ziel ist es, über eine systematische Suche nach denkbaren Abweichungen einer technischen Anlage oder eines Prozesses, mögliche Störungen bereits im Vorfeld zu erkennen und zu vermeiden und so die Sicherheit von Anlagen zu erhöhen, die Bedienbarkeit zu verbessern und letztendlich auch die Verfügbarkeit zu optimieren.
• In Richtlinien und Regelwerken (z. B. SEVESO Richtlinie, Störfall-Verordnung, TRBS) werden derartige systematische Methoden gefordert.

2. HAZOP Leitworte

• HAZOP Leitworte dienen dazu möglichst alle denkbaren Abweichungen durch die systematische Anwendung der Leitworte
  zu finden.
• HAZOP Leitworte sind z.B. (auch andere/mehr werden verwendet): Temperatur HOCH/TIEF; Druck HOCH/TIEF; Stand HOCH/TIEF; Fluss HOCH/TIEF/ANDERS; Zusammensetzung ANDERS
  
  

Lehren aus Texas City 2005

Es wird empfohlen, bei einer HAZOP nicht nur mögliche Abweichungen an Hand der Leitworte zu betrachten,
sondern auch

• Abweichung oder Störungen usw. aus der Historie der Anlage,
• Ergebnisse aus Audits und
• Erkenntnisse aus externen Ereignissen.

     HAZOP / PAAG

1.	IEC 61882. “Hazard and Operability studies (HAZOP studies) – Application guide”. 2001, International Electrotechnical Commission, Geneva

HAZOP - eine Methode der Gefahrenanalyse und des Risikomanagements

HAZOP  ist also, kurz gesagt, eine strukturierte und systematische Vorgehensweise der Analyse von Systemen und des Risikomanagements. HAZOP wird insbesondere in verfahrens­technischen Anlagen genutzt zur:

• Identifizierung potentieller Gefahren und zur
• Identifizierung potentieller operative Probleme (die z.B. auch zu nichtkonformen Produkten führen können).

HAZOP kann genutzt werden um potentielle Gefahren von Produktionsanlagen, chemischen oder verfahrenstechnischen Einrichtungen und Prozessen im Rahmen einer Gefahrenanalyse zu ermitteln.

HAZOP ist eine

• Brainstorming Technik,
• Qualitative Methode zur Gefahrenanalyse,
• Induktive Gefahrenanalyse (Bottom-up).

HAZOP  ist detailliert beschrieben im International Standard IEC 61882 /1/.

Organisation und Vorgehensweise bei einer HAZOP

Eine HAZOP Gefahrenanalyse wird üblicherweise in 4 Phasen unterteilt:

1. Definition

a. Festlegung von Ziel, Inhalt, Vorgehensweise, Teammitgliedern, Verantwortlichkeiten (Leiter, Moderator, Protokoll, Rollen der Teammitglieder)

2. Vorbereitung

a. Organisation (Ort, Zeit, Dauer, Unterlagen, usw.)

3. Gefahrenanalyse

a. Festlegung der zu betrachtenden Prozessschritte (Node) und zugehöriger Design Zweck (design intent)

b. Festlegung der Leitworte (guide words)

c. Identifizierung von Ursachen (causes) und zugehörigen Konsequenzen (consequences)

• Identifizierung des Risikos OHNE Schutzeinrichtungen / Maßnahmen

d. Identifizierung von bereits VORHANDENEN Schutzeinrichtungen / Maßnahmen

• Identifizierung des Risikos MIT bereits vorhandenen Schutzeinrichtungen / Maßnahmen
• Beurteilung: „Ist das Rest-Risiko niedrig genug?

e. Identifizierung von ZUSÄTZLICHEN / NEUEN Schutzeinrichtungen / Maßnahmen (zur weiteren Reduzierung des Restriskos)

• Identifizierung des Risikos mit ZUSÄTZLICHEN / NEUEN Schutzeinrichtungen / Maßnahmen
• Beurteilung: „Ist das Rest-Risiko niedrig genug Dokumentation und Follow-up
• Ggf. weiter bei e.)

f. Festlegung notwendiger neuer Schutzeinrichtungen / Maßnahmen, Aktionen, Termine und Verantwortlichkeiten

4. Dokumentation und Follow-up

Teammitglieder einer HAZOP Gefahrenanalyse

Sinnvollerweise wird für die Durchführung einer HAZOP Gefahrenanalyse  eine Arbeitsgruppe (HAZOP Team) für die Bestimmung der SILs eingesetzt. Hierzu werden die folgenden Personen benötigt:

• Verfahrensspezialisten (Process Engineering)
• PLT-Ingenieur (Process Instrumentation)
• Betriebsspezialisten (Production)
• Spezialisten für Sicherheitsfragen (Occupational and Process Safety Engineering)
• Mitarbeiter mit Erfahrung in der Bedienung des betrachteten Prozesses (Production Worker and Shift Members)
• Instandhaltungsspezialisten (Maintenance)
• und ggf. weitere

Zusätzlich werden benötigt:

• HAZOP Teamleiter und Spezialist
• Ggf. HAZOP Protokollant
• Ggf. HAZOP Moderator

Vorgehensweise und Leitworte einer HAZOP Gefahrenanalyse

Die Vorgehensweise bei einer HAZOP Gefahrenanalyse (Phase 3) besteht also darin, auf der Grundlage einer vollständigen Beschreibung der Anlage alle ihre Teile (Funktionseinheiten) und deren Funktion infrage zu stellen. Ziel ist dabei, herauszufinden, welche Abweichungen von der Sollfunktion des Anlagenteils, d.h. von seinem bestimmungsgemäßen Betriebszweck, auftreten können. Des Weiteren wird nach denkbaren Gründen für die Abweichung, beispielsweise von Temperatur oder Durchfluss, und nach ihren möglichen Folgen gefragt. Dies wird durchgeführt, indem man systematisch die Leitworte aus Tab. 1.1 auf Prozessbedingungen, Anlagenfunktionen, Stoffe, Zeit und Ort anwendet.

Tab. 1.1. Leitworte für eine PAAG Studie

Die Analyse kann für kontinuierliche Prozesse und Chargenprozesse („Batch“-Prozesse) durchgeführt werden und sollte das An- und Abfahren der Anlage einbeziehen.
Für letzteres sind die Leitworte der Tab. 1.2 von Nutzen.

Tab. 1.2. Zeitbezogene Leitworte

Im Allgemeinen treffen die Leitworte auf die Anlagenfunktionen und - möglicherweise mit Ausnahme der Umkehrung - auch auf Stoffe zu. Sie sind gelegentlich sinngemäss zu modifizieren.

Grundlage für die Untersuchung einer Anlage sind ihre R&I Fließschemata, und eine detaillierte Prozessbeschreibung.  Die Anlage wird Rohrleitung für Rohrleitung durchgegangen. Dabei werden Prozessparameter wie Durchfluss, Druck, Temperatur und Konzentration unter Zuhilfenahme der Leitworte betrachtet. Mögliche Gründe und Folgen der dabei gedanklich analysierten Abweichungen werden herausgefunden; über die Notwendigkeit und Art von Gegenmaßnahmen wird entschieden. Dies kann durch eine Abschätzung von Eintrittshäufigkeit und Ausmaß der Folgen unterstützt werden.

Das Augenmerk richtet sich bei der Durchsicht deshalb bevorzugt auf die Rohrleitungen, da Probleme, die in einem Aggregat auftreten, sich im Allgemeinen als Ursache oder Folge einer Abweichung der Betriebsparameter von ihren Nominalwerten in einer mit diesem Aggregat verbundenen Rohrleitung zeigen.

Zum Thema HAZOP und Gefahrenanalysen bietet Ihnen ExpertenNetzwerk Chemikalien-Anlagen-Arbeit Sicherheit Seminare und die Durchführung und Moderation von HAZOP oder anderen Gefahrenanalysen vor Ort an.

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